Chinas E-Commerce-Gigant JD.com – Ein starker Player im globalen Handel, den wir ernst nehmen sollten

by Azoya

Amazon und Alibaba dominieren die Schlagzeilen im globalen Einzelhandel und nur wenige kennen in Deutschland den chinesischen Einzelhändler JD.Com, und dass obwohl das Unternehmen jedes Jahr mehr Einnahmen generiert als Alibaba. Das wird sich nun wohl ändern, denn JD.com expandiert nach Deutschland. 

Seine globale Expansion hat JD.Com bereits vor einer Weile begonnen – der Fokus lag allerdings bislang nicht auf Europa. Jetzt kommt der E-Commerce Gigant zu uns und ich gebe einen kleinen Einblick, warum JD.Com so spannend ist, welche großen strategischen Schritte das Unternehmen schon gegangen ist und warum auch deutsche Händler den Konzern aus Fernost im Auge behalten sollten. 

JD.coms Inhouse-Modell versus Alibabas Ökosystem 
Alibaba kennt (fast) jeder, JD.Com weniger – daher ist eine wichtige Frage: Was unterscheidet die beiden Player? 

Das Geschäftsmodell von JD.com legt seinen Schwerpunkt auf Direktvertrieb, Inhouse-Logistik und engagierten Kundenservice. JD.com betreibt für seine inhouse-Logistik fast 500 Lager im ganzen Land und beschäftigt mehr als 150.000 Mitarbeiter. 

Alibaba hingegen baut in erster Linie auf ein „Asset-Light-Marktplatzmodell“, bei dem Technologie und Logistikpartner von Drittanbietern eingesetzt werden, um Händlern beim Verkauf und der Lieferung an Verbraucher zu helfen. 

Kurz gesagt, JD.com ist in erster Linie ein Online-Händler, der Produkte kauft und verkauft, während Alibaba in erster Linie eine Plattform für Drittverkäufer ist. Grundsätzlich aber haben beide Konzerne sich in den letzten Jahren immer stärker in den “Bereich” des anderen verzweigt. JD.coms starke Customer Experience hat dazu beigetragen, den Umsatz des Unternehmens auf 55,7 Milliarden Dollar pro Jahr zu steigern. Mit einem Marktanteil von rund 32,5 Prozent in Chinas hart umkämpfter B2C-E-Commerce-Branche ist JD.com der größte Online-Direkthändler in China.

Die grenzenlose “Retail Alliance” von JD.com
JD.com hat den Social-Media-Giganten Tencent, die Suchmaschine Baidu und den E-Commerce-Konkurrenten Vipshop als Partner für seine grenzenlosen “Retail-Allianz” gewinnen können. Tencent hält 18 Prozent der Aktien von JD.com und hat sich mit JD.com zusammengeschlossen und hat im vergangenen Dezember 864 Millionen Dollar in Chinas drittgrößte E-Commerce-Plattform Vipshop investiert. Wal-Mart besitzt 10 Prozent der Anteile von JD.com und ist seit 2016 Partner in einer Reihe von Initiativen. Google hat trotz seiner begrenzten Präsenz auf dem chinesischen Markt im Juni eine Investition von 550 Millionen Dollar in JD.com angekündigt. 

Was bedeuten diese strategischen Partnerschaften, und wie können diese Akteure JD.com in ihrem Bemühen um eine globale E-Commerce-Dominanz unterstützen?

Googles Daten ermöglichen JD.com einen wichtigen Aufschwung
Google und Baidu – beide dominante Suchmaschinen – haben in der Vergangenheit versucht, in den E-Commerce vorzudringen – mit wenig Erfolg. Baidu unterzeichnete im August 2017 eine strategische Partnerschaft mit JD.com und Google gab kürzlich eine Investition von 550 Millionen Dollar in JD.com bekannt. Warum?

E-Commerce-Plattformen geben jedes Jahr viel Geld für Suchanzeigen aus, um sicherzustellen, dass ihre Produkte an der Spitze jeder Suche stehen. Da sie selbst jedoch größer werden, beginnen Kunden, direkt zu E-Commerce-Plattformen zu gehen, um nach Produkten zu suchen. Dort können Einzelhändler und Brands Anzeigen kaufen, die den Traffic direkt zu ihren Produkten führen. Keine Suchmaschine mehr nötig. Um hier gegenzusteuern, sind beide eine Partnerschaft mit JD.com eingegangen. Die großen Datenbestände von JD.com geben ihnen Einblicke in das Kaufverhalten der Kunden und sie können JD.com bei der Anzeigenplatzierungsstrategie beraten. JD.com platziert zudem Bannerwerbung in seinem riesigen Werbenetzwerk. Mit diesen Partnerschaften können sie gemeinsam ihre Anzeigen so positionieren, dass sie mit denen von Alibaba konkurrieren können, wahrscheinlich in Südostasien, wo JD.com seine Präsenz schon rasch ausbaut.

JD.coms Partnerschaft mit dem weltgrößten Einzelhändler Wal-Mart
Bereits im Jahr 2016 schließt JD.com eine Partnerschaft mit Wal-Mart, dem weltweit größten Einzelhändler. Diese Partnerschaft ist insofern bedeutsam, als dass der größte Offline-Händler der Welt mit der zweitgrößten E-Commerce-Plattform in China zusammenarbeitet. Wal-Mart kann den Marktplatz und die User von JD.com nutzen, um direkt an chinesische Verbraucher zu verkaufen und so sein Offline-Geschäft im Land smart ergänzen. Die JD-Plattform „Daojia“ ist ein O2O-Lebensmittelzustelldienst (Offline to Online), der Lebensmittel innerhalb einer Stunde an Kunden liefert, und Wal-Mart ist ein wichtiger Lieferant.

JD.com kann seine Waren auch offline in Wal-Mart-Shops verkaufen und sie auch als Distributionszentren nutzen. Da JD.com seine Waren in erster Linie in zentralen Lagern in Kundennähe lagert und sich auf die Last-Mile-Delivery konzentriert, nicht auf die Bereitstellung einer End-to-End-Logistik, ist die Aufnahme der physischen Standorte von Wal-Mart in ganz China ein beträchtlicher Vorteil. Und da JD.com plant, bis Ende dieses Jahres auf den US-Markt zu expandieren, könnte Wal-Mart eine entscheidende Rolle dabei spielen, JD.com bei seinen Plänen zu unterstützen.

JD.com globalisiert – auch nach Deutschland
All diese Partnerschaften führen dazu, dass JD.com heute in der Lage ist, Alibaba und möglicherweise auch Amazon auf der globalen Bühne herauszufordern. JD.com ist mit seiner internationalen Version Joybuy, die erst im vergangenen Monat in Spanien eingeführt wurde, bereits auf dem Vormarsch. JD.com hat auch lokale Websites in Thailand und Indonesien gestartet. Zudem hat das Unternehme öffentlich erklärt, dass es beabsichtigt, Amazon um den Vorrang in den USA anzufechten und es ist wahrscheinlich, dass Wal-Mart und Google eine Schlüsselrolle spielen werden. JD.com kann wichtige Marktanteile gewinnen, indem es Waren zu einem niedrigeren Preis in China beschafft als Amazon. 

Das Herzstück von JD.com in China ist der direkte Einzelhandel, indem das Unternehmen Lagerbestände kauft und Produkte in kundennahen Lagern lagert, um den Kunden ein bestmögliches Einkaufserlebnis zu bieten. Für Deutschland würde dies im ersten Schritt vor allem eines bedeuten: JD.com muss sich zunächst ein Logistiknetzwerk aufbauen, damit es sein Geschäftsmodell auch hier einbringen kann. Und wenn man die bisherige Arbeitsweise des chinesischen Konzerns betrachtet, kann man annehmen, dass auch hierzulande strategische Partner gesucht werden – und das sowohl als auch offline. Wie diese Partnerschaften genau aussehen könnten, dazu kann ich nur mutmaßen. Sicher ist aber, dass JD.com eine starke Kraft im globalen Einzelhandel sein wird und deutsche Händler das Vorgehen der Chinesen im Auge behalten sollten, denn sie sind ein ernstzunehmender Player, der sich vor allem durch eins auszeichnet: Eine sehr gute Customer Experience.